Unsere Widersprüche

 

In den folgenden Absätzen machen wir transparent, mit welchen Spannungsfeldern wir uns in Bezug auf Ansprüche an uns selbst und die gelebte Praxis konfrontiert sehen.

 

 

Spannungsfeld solidarischer Erfahrungsraum

Lernen in Zusammenhang mit Dominanzverhältnissen findet oft auf Kosten marginalisierter Personen statt. Wir wünschen uns, dass es uns gelänge, dieses Phänomen im ju*_fem_netz verhindern zu können. Entsprechend gibt es einen (unausgesprochenen) Anspruch an Beteiligte, sich mit der eigenen Verstrickung in Dominanzverhältnisse zu beschäftigen, eigenes Handeln diskriminierungskritisch zu reflektieren und anzupassen. Auch innerhalb des Netzwerkes, denn wir wissen, dass es neben den klassischen gesellschaftlichen Dominanzverhältnissen entlang der Achsen Geschlecht, „"Rasse“, Klasse und Körper innerhalb des ju*_fem_netzes Hierarchien gibt, aufgrund von Wissen, Erfahrung im ju*_fem_netz durch Dauer und Frequenz der Teilhabe, Sprechpraxis, Beziehungen, Freund*innenschaften etc.

 

Das ju*_fem_netz soll ein Raum sein, in dem eigene Positionierungen der Privilegierung und Benachteiligung reflektiert werden. Unser Anspruch ist es, dabei offen gegenüber Kritik und Feedback zu sein. Dabei steht es uns nicht zu, zu erwarten, dass Personen mit marginalisierter Positionierung dafür verantwortlich wären, das ju*_fem_netz in seiner Selbstreflexion zu unterstützen.

 

Dieser Anspruch, Wissenshierarchien oder auch die eher ungewöhnliche (möglichst inklusive) Sprechpraxis innerhalb des ju*_fem_netzes, etc. können jedoch abschreckend und exkludierend insbesondere für Neue wirken. Das möchten wir nicht. Im Gegenteil: Das ju*_fem-Netz möge auch ein solidarischer und „fehlerfreundlicher“ Erfahrungsraum sein. Trotz der geschilderten Problematik erwarten wir also nicht die diskriminierungskritisch vollendet reflektierten Feminist*innen. Wir wollen weiterhin gemeinsam lernen. Dabei wollen wir aber auch Verantwortung dafür übernehmen, dass auch im ju*_fem_netz, als Teil dieser Gesellschaft, Diskriminierung reproduziert wird. Gleichzeitig versuchen wir, Strukturen zu etablieren, die das ju*_fem_netz sowohl diskriminierungsärmer als auch „fehlerfreundlicher“ gestalten.

 

Spannungsfeld: Körper

Sich offensiv mit Körperlichkeit und (eigenen) Körperteilen zu befassen, die klassischerweise mit Weiblichkeit und Frausein assoziiert werden, halten wir für eine notwendige feministische und empowernde Praxis. Dabei besteht aber die Gefahr, Weiblichkeit und Frausein in essentialistischer Manier an bestimmte körperliche Merkmale zu knüpfen und (dadurch) Ausschluss zu reproduzieren.

 

Wir möchten verschieden erscheinende Bedarfe (empowernde Körperarbeit & inklusive Dekonstruktion) neben- und miteinander existieren lassen und Raum für solidarische Allianzen schaffen. Dabei möchten wir Selbstdefinitionen anerkennen, ohne auszublenden, dass Machtverhältnisse wirksam bleiben.

 

Baustein eines reflektierten Umgangs mit diesem Spannungsfeld in der Praxis könnte es sein, Workshops zum Themenfeld Körper während der Vernetzungstreffen weiterhin zu ermöglichen, aber parallel stattfindende Alternativen sicher zu stellen.

 

Art und Weise, wie wir uns organisieren

Unsere Einladungspolitik ist aktuell eher zufällig bzw. läuft über persönliche Kontakte. Eine solche Organisierung führt tendenziell dazu, dass Personen mit marginalisierter Positionierung einen erschwerten Zugang haben. Das ist ein Grund dafür, dass Dominanzverhältnisse der Mehrheitsgesellschaft auch bei uns reproduziert werden.

 

Wir möchten unsere Einladungspolitik inklusiver gestalten. Möglichkeiten sind:

 

  • bewusster zu entscheiden, über welche Wege wir Menschen einladen und prüfen, wie wir Personen verschiedener Positionierungen erreichen können
  •  unsere Homepage inklusiver gestalten
  •  ...

 

Vor dem Hintergrund der zeitlichen Distanz der Treffen und der räumlichen Distanz der verschiedenen Mitglieder werden Entscheidungsprozesse und konkrete Umsetzungen oftmals verlangsamt und erschwert. Den hier beschriebenen Spannungsfeldern und Herausforderungen kann dementsprechend auch nicht auf gleiche Art und Weise begegnet werden wie in Gruppen, die sich wöchentlich treffen und austauschen. Dennoch verfolgen wir den Anspruch, einen wohlwollenden Umgang damit zu finden.

 

Wie oben geschehen, möchten wir transparent machen, dass Personen mit marginalisierter Positionierung bisher einen erschwerten Zugang zum ju*_fem_netz haben. Wir möchten versuchen, die relative Homogenität des Netzwerkes kritisch und gleichzeitig die vorhandene Diversität wertschätzend transparent zu machen.